Welche Faktoren bei der Wahl von Vorsorgeprodukten relevant sind
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In einem Interview mit dem Branchenmagazin Pfefferminzia erklärt der Rentenexperte Frank Genheimer, welche Faktoren bei Vorsorgeprodukten tatsächlich relevant sind. Wir haben Ihnen die wichtigsten Aussagen dieses informativen Interviews zu Rentenfaktor und Co. in einem schnellen Überblick zusammengefasst.
Der Rentenfaktor ist ein wichtiges Instrument zur Ermittlung der Leistung einer Rentenversicherung. Vor allem spielt er bei Produkten, die aufgrund ihrer unsichereren Anlage bei Vertragsbeginn keinen festen Rentenwert angeben können, eine große Rolle. Dazu zählen beispielsweise fondsgebundene Produkte oder Hybridprodukte. Dabei agiert der Rentenfaktor wie eine Art Wechselkurs, mit dessen Hilfe aus dem angesparten Kapital des Kunden bei Rentenbeginn die lebenslange monatliche Rente ermittelt wird. Er gibt an, wie hoch die vom Versicherer gezahlte monatliche Rente je 10.000 € ist. Beispielsweise ergibt sich bei einem Rentenfaktor von 30 und einem gebildeten Kapital von 40.000 € eine monatliche, lebenslange Rente von 120 €.
Der garantierte Rentenfaktor soll den Wunsch des Kunden erfüllen, möglichst genau zu wissen, wie hoch die Rentenauszahlungen im Alter sein werden. Mit dem kleinen, aber sehr bedeutenden Zusatz „garantiert“, gibt ein Unternehmen nicht nur eine Absichtserklärung ab, sondern sichert dem Kunden die Höhe der Rente uneingeschränkt zu. Das sei eine erhebliche Leistung, da die Parameter des Rentenfaktors maßgeblich vom künftigen Rechnungszins abhängig und an die künftige Lebenserwartung gebunden sind. Oft binden Unternehmen jedoch Klauseln in den Vertrag ein, um sich einen rechtlichen Weg zur Verringerung des Rentenfaktors offen zu halten.
Was passiert nun, wenn der Versicherer den Rentenfaktor verringert?
Aus rechtlicher Sicht und wie in vielen Verträgen in Nebenklauseln festgehalten, ist dieser Schritt dem Versicherer erlaubt und wird beispielsweise bei veränderter Lebenserwartung durchgeführt. Selbstverständlich ist diese Situation für den Verbraucher unliebsam, vor allem wenn dieser bei Vertragsabschluss nicht ausführlich über dieses mögliche Vorgehen informiert wurde und sich somit unfair behandelt fühlt.
Abgesehen von dem Rentenfaktor gibt es auch noch andere Elemente, die wichtig für die Berechnung der Rentenhöhe sind, wie z.B.
- die realistischen Performance-Chancen eines Tarifs
- das Chancen-Risiko-Profil
- Informationen zu weiteren Kosten
Welche Priorität die einzelnen Punkte haben, sollte bei der Auswahl des richtigen Tarifs in Betracht gezogen werden. Nicht zu vergessen ist auch die Flexibilität bezüglich der Verfügbarkeit des Kapitals als auch die Wahl der Kapitalanlage. Der Rentenfaktor ist ohne Zweifel das wichtigste Instrument zur Berechnung der Rente. Doch sollte man eben auch andere wichtige Faktoren nicht außer Acht lassen.
Der Rentenfaktor birgt jedoch auch Nachteile. Denn so simpel die Grundidee des Rentenfaktors ist, kann es in der Praxis zu Schwierigkeiten kommen. Denn unterschiedliche Annahmen, unterschiedliche Garantiehöhen und auch unterschiedliche Bezugsgrößen bei den Rentenfaktoren können für Verwirrungen sorgen und machen eine Vergleichbarkeit teils sehr schwierig. Oftmals wird bei Vorsorgetarifen ein mehrstufiges Verfahren angewendet: Bei Rentenbeginn wird die garantierte Rente, die sich aus dem Garantiebetrag und dem garantierten Rentenfaktor ergibt, mit der Rente verglichen, die sich aus dem gesamten Guthaben unter Anwendung eines Rentenfaktors mit den zum Rentenbeginn gültigen Annahmen ermittelt. Die höhere der beiden Renten wird ausgezahlt. Im Extremfall kann das aber bedeuten, dass eine weiter steigende Lebenserwartung eine positive Performance der Kapitalanlage neutralisiert.
Bei der Produktauswahl steht der Rentenfaktor im Zentrum der Entscheidung. Zum Ersten sollte man mit seinem Makler die Rechnungsgrundlagen Zins und Lebenserwartung bei der Berechnung des Rentenfaktors anschauen. Denn je vorsichtiger ein Unternehmen diese Annahmen wählt, desto niedriger fällt der Rentenfaktor aus. Zweitens muss beachtet werden, ob der Rentenfaktor garantiert wird. Dies kann dazu führen, dass ein Unternehmen mit weniger vorsichtigen Annahmen und einer 75-prozentigen Garantie des Rentenfaktors am Ende eine höhere Garantie ausspricht als ein Unternehmen mit vorsichtigeren Annahmen und einer 100-prozentigen Garantie.
Verbraucher sind auch gut beraten, wenn sie beachten auf welchen Teil des Guthabens - Beitragssumme, Garantie, Ablaufleistung – der Rentenfaktor angewendet wird. Auch entscheidend bei der Wahl des Produkts kann die Verfügbarkeit der Daten online sein, um dem Verbraucher einen transparenten und sicheren Service zu ermöglichen. Hier sieht Frank Genheimer noch einen gewaltigen Nachholbedarf bei deutschen Versicherern.