Mega-Deal wird zum Testfall für die gesamte Branche
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Generali verkauft vier Millionen Lebenspolicen
Insgesamt 89,9% der stillgelegten deutschen Tochter Generali Leben sollen an den Abwickler Viridium gehen. Der Deal zwischen dem italienischen Versicherer und dem deutschen Lebensversicherungs-Abwickler aus Neu-Isenburg bei Frankfurt hatte sich schon über die letzten Monate angekündigt. Die Aktie von Generali reagierte mit einem Plus von mehr als 2,2% schon mehr als erleichtert. Da sich hinter Viridium die Hannover Rück und der Finanzinvestor Cinven verbergen, muss die deutsche Finanzaufsicht Bafin noch zustimmen, bevor alles in trockene Tücher gewickelt werden kann.
Die Generali Leben wird mit ihren 300 Mitarbeitern und ihrem 37,1 Milliarden schweren Portfolio bei dem Verkauf mit circa einer Milliarde Euro bewertet. Damit steht der bisher größte Verkauf eines Lebensversicherungs-Portfolios an einen Abwickler an.
„Durch einen Unternehmensverkauf darf kein Versicherungsnehmer schlechter gestellt werden“, sagte Frank Grund, Exekutivdirektor der Bafin. „Dies stellen wir bei Bedarf durch geeignete Maßnahmen sicher.“ Die Bafin kann den geplanten Erwerb noch untersagen, sollten die Belange der Versicherungsnehmer nicht ausreichend gewahrt werden. Je größer der Bestand der betroffenen Policen ist, desto strikter werden die Anforderungen, die mögliche Käufer vor einer Zustimmung erfüllen müssen.
Heinz-Peter Roß sieht unterdessen keine Wolken am blauen Himmel aufziehen. „Wir freuen uns über dieses starke Signal des Vertrauens in die ViridiumGruppe und gehen davon aus, dass wir den Kaufvertrag zügig unterzeichnen werden.“, sagte der Vorsitzende des Vorstand der Viridium.
Generali hat nämlich ein Problem mit Altverträgen, in denen Kunden aus heutiger Sicht sehr hohe Zinsen garantiert wurden. Durch das nun schon sehr lang anhaltende Niederigzinsumfeld machen diese Altverträge den Lebensversicherern ordentlich zu schaffen.
Für viele Kunden stellt der Verkauf ihrer Lebenspolicen einen enormen Vertrauensbruch dar, da sie laut deutschem Verständnis ein Versprechen auf Lebenszeit sein und bleiben sollten. Daher gehören Lebensversicherungen mit 88 Millionen Policen hierzulande auch zu den beliebtesten Finanzprodukten. Die Versicherungsnehmer verpflichten sich regelmäßige Beiträge abzuführen und erwarten vom Anbieter, dass der diese Beiträge verzinst und bis zum Lebensende eine monatliche Rente oder einen Einmalbetrag auszahlt. Entsprechend groß ist die Enttäuschung, wenn dieses Versprechen verkauft wird.
Nicht zuletzt deshalb hat sich der Versicherer ERGO von einem kürzlich geplanten Verkauf von sogar sechs Millionen Lebenspolicen zurückgezogen. Der befürchtete ImageSchaden wäre zu groß und die Gefahr, dass sich dies auch auf andere Geschäftsbereiche auswirkt zu gewaltig.
Währenddessen sucht die neue Bildungsministerin und CDU-Finanzexpertin Anja Karliczek nach rechtlichen Möglichkeiten, damit Versicherte dem Verkauf ihrer Policen künftig erst zustimmen müssten.
Mit Blick auf die gesamte Brache sagte der Chef der EU[]—Versicherungsaufsicht Eiopa Gabriel Bernadino: „Ich kann nicht ausschließen, dass in Zukunft - je nachdem, wie sich die Leitzinsen entwickeln - einige Firmen in Schwierigkeiten geraten können. Wir haben aber Instrumente, um auf solche Situationen zu reagieren und zu verhindern, dass Kunden die Leidtragenden sind.“
Der Versicherungskonzern Generali ist auf dem Weg zu einer One-Company. Um eine weltweit einheitliche Unternehmenskultur zu schaffen, würden die Strategen mit dem Verkauf der Generali Leben einen Schritt näher kommen. Der Abschluss sei von „fundamentaler“ Bedeutung, wie CEO Philippe Donner bekräftigte. Weiter kündigte er an, dass durch den Verkauf neue Mittel für innovative Lösungen auf dem deutschen Markt zur Verfügung stehen, wodurch der deutschlandweit zweitgrößte Versicherer künftig mehr Rendite für die Aktionäre erreichen können.
https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/wegen-niedrigzinsen-generali-verkauft-vier-millionen-lebenspolicen-an-abwickler/22769624.html?ticket=ST-1940264-gpXaVqCpMkplbd9gDyGN-ap2
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