Portabilität bei Direktversicherungen und Co.
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Am 14. April 2021 haben Herr Peter Kolm und Herr Torsten Hoffman, beides Rentenspezialisten im Haus p.c.a.k. GmbH, in dem Webinar “Portabilität bei Direktversicherungen und Co.” erklärt, wie Arbeitgeber bei Direktversicherungszusagen, die beim Vorarbeitgeber auf Basis einer beitragsorientierten Leistungszusage oder einer Beitragszusage mit Mindestleistung erteilt wurden, umzugehen ist. Die wichtigsten Punkte haben wir Ihnen in diesem Artikel nochmals kurz und bündig zusammengefasst.
Erklärung der arbeitsrechtlichen Grundlagen
Zunächst muss die Frage geklärt werden, welche Zusagearten es unabhängig vom Durchführungsweg in der betrieblichen Altersversorgung gibt. Denn das ist gerade bei der Portabilität und Versicherungsverträgen entscheidend. Je nachdem, was für eine Zusageart vorliegt, muss die Handhabung unterschiedlich gestaltet werden.
Beginnen wir mit dem einfachsten und „ursprünglichsten“ Fall: der Leistungszusage. Das heißt, der Arbeitgeber sagt seinem Mitarbeiter z.B. einen Festbetrag zu: „Wenn du in Rente gehst, bekommst du monatlich 500€ oder 10€ pro Dienstjahr oder einen Festbetrag 20% deines letzten Gehalts, zzgl. 1% pro Dienstjahr“. Der Arbeitgeber macht also eine gewisse Regelung, indem er einer gewissen Leistung im Versorgungsfall zusagt. Beim versicherungsförmigen Durchführungsweg ist ein externer Träger involviert - eine Direktversicherung, Pensionsfonds oder Pensionskasse (die drei versicherungsförmigen Durchführungswege). Es wurde also eine Leistung definiert. Wenn man diese Leistung nun über eine Versicherung abdecken will, ergibt sich der Beitrag aus dieser definierten Leistung.
Zum Verständnis: Wenn man das privat in der privaten Lebensversicherung machen würde, würde man auf die Ablaufleistung schauen: „Ich möchte gerne mit 65 einen Kredit in Höhe von 100.000€ abbezahlt haben und die Leistung möchte ich dann haben und dann ergibt sich der Beitrag aus meiner Versicherung, also aus dieser Ablaufleistung“. Im Fokus steht also die Ablaufleistung - die Leistung und der Beitrag ergeben sich dann aus dem entsprechenden Versicherungstarif.
Später kam dann im Betriebsrentengesetz seit 2001 die sogenannte „beitragsorientierte Leistungszusage“ dazu. Das ist im Prinzip auch eine Leistungszusage, allerdings ergibt diese sich, wie der Name schon sagt, nicht aus einem Formelwerk, sondern aus dem Beitrag. Bei Direktzusagen kennt man das zum Beispiel aus dem Rentenbaustein-Modellen, aus Baustein-Plänen. Da hat man einen gewissen Beitrag, dem der Arbeitgeber zusagt („2% Prozent deines Gehalts“ o. Ä.) und das wird mittels einer Leistungstabelle/Transformationstabelle in eine Leistung umgerechnet. Das heißt, die zugesagte Leistung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Versorgungsfall verspricht, ergibt sich aus einer Tabelle oder aus einem Versicherungstarif (wenn wir versicherungsförmig sind aus dem Versicherungstarif auf Basis des zugesagten Beitrags). Auch hier wieder der Vergleich zur privaten Lebensversicherung: Stellen Sie sich vor, Sie möchten gerne was fürs Alter vorsorgen und sagen: „Ich möchte da gerne monatlich 100€ in eine Versicherung reinstecken“, das heißt, Sie setzen den Fokus jetzt auf den Beitrag und holen sich Angebote ein, bei welchem Versicherer Sie welche Leistung für diese 100€ im Monat bekommen.
Das ist der Unterschied zwischen der Leistungszusage und der beitragsorientierten Leistungszusage aus dem versicherungsförmigen Weg: Bei der Leistungszusage schaue ich auf die Ablaufleistung und daraus ergibt sich der Beitrag. Bei der beitragsorientierten Leistungszusage, oder auch „BOLZ“ genannt, definiert man den Beitrag und es ergibt sich eine Leistung daraus. Der Arbeitgeber hat aber immer noch die Verpflichtung diese Leistungen dann zu erbringen.
Etwas abgeschwächter ist es dann aus der Sicht des Arbeitgebers die sogenannte „Beitragszusage mit Mindestleistung“ - oder auch „BZml“.
Die „BZml“ ist nur möglich über die versicherungsförmigen Durchführungswege Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds. Auch da wird ein gewisser Beitrag definiert und der Arbeitgeber zahlt diesen. Er haftet aber nicht für eine spätere Leistung, denn er garantiert nur, dass man später die eingezahlten Beiträge abzüglich Risikobeiträge für vorzeitige Leistung - also z.B. Betriebsunfähigkeit-Schutz oder Todesfallschutz - vorher bezahlt, sodass er diese im Leistungsfall erhält (zwar ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag auch eine Ablaufleistung, wenn man den Beitrag einzahlt, aber das, was später herauskommt, ist eigentlich unwichtig für den Arbeitgeber).
Seit dem neuesten Betriebsrentengesetz gibt es auch noch die sog. „reine Beitragszusage“. Das sogenannte Sozialpartnermodell ist nur über die tarifvertragliche Regelung möglich und hier haftet der Arbeitgeber noch nicht einmal für die eingezahlten Beiträge, sondern er „haftet“ nur, dass er einen Beitrag einzahlt - was daraus wird, das Risiko trägt der Arbeitnehmer allein.
Portabilität
Portabilität im arbeitsrechtlichen Sinne meint stets, dass ich meine Zusage oder mein Vertrauen in meine Zusage abgebe und eine schuldbefreiende Wirkung für mich habe. Ich habe also dann mit dem Vertrag oder mit der Zusage, also dem Versprechen, das ich dem Arbeitnehmer gegeben habe, nichts mehr zu tun. „Wechsel des Schuldners der Versorgung mit schuldnerbefreiender Wirkung für den ehemaligen Arbeitgeber“ - das ist nach §4 Betriebsrentengesetz eingeschränkt bei unverfallbaren Anwartschaften und laufenden Leistungen und sagt eindeutig: Schuldbefreiende Wirkung für den ehemaligen Arbeitgeber, also die sog. Portabilität, habe ich nur, wenn ich das auf den Folge-Arbeitgeber meines Mitarbeiters übertrage oder übernehme.
Da sind jetzt schon zwei interessante Begriffe gefallen, die man unterscheiden muss: „Übernahme“ und „Übergabe“. Es muss ein Einvernehmen zwischen den drei Parteien - dem alten Arbeitgeber, dem neuen Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer selbst - stattfinden und dann erst kann der „alte“ Arbeitgeber das mit schuldbefreiender Wirkung auf den Folge-Arbeitgeber übertragen.
Hier muss man aber nun differenzieren zwischen „Übernahme“ und „Übertragung“.
Das sind nämlich zwei völlig verschieden Paar Schuhe. Übernahme bedeutet, der neue Arbeitgeber übernimmt unverändert, also jeden Punkt, jedes Komma, jede Zusatzleistung bis ins kleinste Detail die arbeitsrechtliche Zusage des bisherigen Arbeitgebers.
Übertragung bedeutet, dass man den Wert der Zusage beim Ausscheiden ermittelt, dem neuen Arbeitgeber dieses Kapital, diesen monetären Wert gibt und der neue Arbeitgeber dann darauf basierend eine neue Zusage, die vollkommen anders aussehen kann als die vorherige Zusage, formuliert.
Auch wichtig im Hinterkopf zu behalten, ist der Rechtsanspruch. Wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres bei einem Durchführungsweg (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) ausscheidet, hat er einen Rechtsanspruch auf Übertragung - nicht aber einen Anspruch auf Übernahme. Das heißt, er kann nur verlangen, dass das Geld aus dem alten Vertrag herauskommt und in den neuen eingezahlt wird - ein entscheidender Punkt für unser Thema.
Versicherungsvertragliche Lösung
Den dritten Aspekt, den man noch beachten muss, ist die sogenannte „versicherungsvertragliche Lösung“. Diese ist für die Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse maßgeblich, nicht aber für den Pensionsfond.
Wenn man eine Leistungszusage, also eine feste Ablaufleistung, definiert hat, die über eine Leistungszusage generiert wurde, dann würde beim Ausscheiden das „Quotierungsverfahren“, der m-n-tel-Anspruch gelten. Das ist der Anspruch tatsächliche Dienstzeit durch mögliche Dienstzeit, der bei gesetzlicher Unverfallbarkeit aufrecht zu erhalten ist.
Nun kann es aber durchaus bei versicherungsvertraglichen Versicherungsverträgen durchaus sein, dass sich der m-n-tel-Anspruch von der beitragsfreien Leistung aus dem Vertrag drastisch unterscheidet - im extremen Fall, dass die Leistung sogar höher ist. Und da besteht nun die Möglichkeit zu sagen, es wird bei einer Leistungszusage nicht quotiert, sondern es gibt die versicherungsvertragliche Lösung, bei der man nur das bekommt, was auch im Vertrag steht. Voraussetzung dafür ist aber, dass die sozialen Komponenten gegeben sind, d.h. es muss ein unwiderrufliches Bezugsrecht nach Ausscheiden des Mitarbeiters bestehen, der Vertrag darf nicht bedienen oder durch den Arbeitgeber abgetreten sein, es dürfen keine Beitragsrückstände sein, die Überschüsse des Vertrages müssen nur zugunsten der Leistungserhöhung genommen werden und der ausgeschiedene Mitarbeiter hat versicherungsvertraglich das Recht auf Fortführung des Vertrags mit eigenen Beiträgen.
Versicherungsvertragliche Lösung ist also etwas anderes als ihm den Vertrag mitzugeben. Ihm den Vertrag mitzugeben ist eine Voraussetzung, damit die versicherungsvertragliche Lösung greifen kann. Sie ist also nur eine Ersatzfunktion, damit man nicht quotieren muss.
Das war bisher eine „kann“-Regelung: der Arbeitgeber konnte selbst entscheiden, ob er die versicherungsvertragliche Lösung als Ersatzvariante nimmt. Manch einer erinnert sich vielleicht noch an das BaG Urteil von 2016, das festlegte, dass man innerhalb von drei Monaten nach Ausscheiden dem Mitarbeiter unmittelbar mitteilen muss, dass man die versicherungsvertragliche Lösung als Arbeitgeber gewählt hat. Hierzu muss man auch Erklärungen abgeben und es muss nachvollziehbar sein, dass alles rechtzeitig geschehen ist. Seit letztem Jahr ist das anders. Es ist keine „kann“-Regelung mehr, sondern eine Standardregelung.
Wenn also die sozialen Komponenten erfüllt sind, dann ist die versicherungsvertragliche Lösung der Standard, es muss also nicht mehr quotiert werden. Ausnahmefall wäre, wenn die sozialen Komponenten nicht mehr erfüllt sind.
Wichtig ist aber sich zu merken, dass die versicherungsvertragliche Lösung oder die Mitgabe des Vertrags keine schuldbefreiende Wirkung für den alten Arbeitgeber hat. Die hat man nur bei der Übertragung auf den Folge-Arbeitgeber.
Ein Fall aus der Praxis, der die genaue Handhabung der Portabilität bei Direktversicherung erklärt, können Sie sich in der Aufzeichnung des Webinars anhören.